Beeinflussen Felder des Mobilfunks die Blut-Hirn-Schranke?
Roland Glaser
Immer wieder wird die Öffentlichkeit durch Berichte verunsichert, wonach
beim Telefonieren mit einem Handy eine Öffnung der Blut-HirnSchranke (BHS)
erfolgen könnte, und Nerven-Schäden oder gar Hirntumoren die Folge wären.
Wie ernst sind solche Warnungen zu nehmen und wie sicher schützen uns
die geltenden Grenzwerte vor dieser Gefahr?
Zunächst ist festzustellen, dass die BHS kein zusammenhängendes und anatomisch
lokalisierbares Organ ist, sondern eine Besonderheit der Blutkapillaren
in den meisten Hirnbezirken. Um das Gehirn, als empfindlichstes Organ
im menschlichen Körper, vor toxischen Stoffen zu schützen, ist das Kapillarendothel
an diesen Stellen durch spezielle Abdichtungsmechanismen für bestimmte
Stoffe schwer oder gar nicht durchlässig. Lediglich die für die Zellatmung
erforderlichen gelösten Gase: Sauerstoff und Kohlendioxid, sowie Nährstoffe
wie D-Glukose-, D-Hexose und L-Aminosäuren, sowie lipidlösliche Moleküle
(u.a. auch Alkohol!), können diese Barriere durchdringen. Bei Stress-Situationen,
Schädeltrauma und verschiedenen Krankheiten kann es zu einer Störung dieser
Barriere kommen; Veränderungen, die in der Regel schnell wieder repariert
werden (Blasberg et al. 79).
Man hat schon frühzeitig daran gedacht, dass hochfrequente Felder durch
Erwärmung quasi ein künstliches Fieber erzeugen und damit zur Beeinflussung
der BHS führen könnten. Dies wäre als unerwünschter Nebeneffekt bei der
so genannten Kurzwellen-Therapie zu beachten, könnte anderseits vielleicht
aber auch genutzt werden, um Pharmaka in das Gehirn einzuführen (Lin et
al. 98). Deshalb wird dieser Effekte schon seit drei Jahrzehnten untersucht.
Erste Tierversuche im Zusammenhang mit möglichen Schäden der BHS durch
Funk- und Radar-Felder wurden in den 70-er Jahren von Frey et al. duchgeführt,
die zunächst auch daran dachten auf diese Weise Cancerostatica in das
Gehirn zu befördern (Frey et al. 75, Frey 79).
Sutton und Carroll (79) wiesen darauf hin, dass bei Ratten eine Erwärmung
des Gehirns auf 45°C durch ein 2450 MHz-Feld zu einer verstärkten Proteinaufnahme
führt.
Oscar und Hawkins (77) untersuchten die Aufnahme 14 C-markierter Zucker
unterschiedlichen Molekulargewichts bei Ratten, die mit verschiedenen
Leistungsdichten kontinuierlicher und gepulster Felder von 1,3 GHz bestrahlt
wurden. Während Dextran mit einem Molekulargewicht (MG) von 60.000-75.000
überhaupt nicht aufgenommen wurde, fanden sie für Mannitol (MG = 182,2)
und Inulin (MG = 5.0005.500) eine Aufnahme-Intensität als Funktion der
applizierten Leistungsflussdichte, die ein Maximum bei etwa 10 W/m2 aufwies.
Pulse gleicher mittlerer Leistungsflussdichte, aber unterschiedlicher
Länge und Frequenz zeigten unterschiedliche Aufnahme-Intensitäten. Diese
Ergebnisse konnten allerdings später nicht bestätigt werden (Merrit et
al. 78, Preston et al. 79, Gruenau et al. 82, Ward et al. 82, 85).
Wie ist diese Widersprüchlichkeit der verschiedenen Untersuchungen zu
erklären?
Offenbar gibt es eine Reihe von methodischen Schwierigkeiten, die leicht
zu Fehlinterpretationen führen können (Rapoport et al. 79, Williams, Hoss
et al. 84, Williams, Plattner et al. 84). So kann z.B. eine Veränderung
der Kapillar-Durchblutung den Durchtritt von Substanzen geringfügig erhöhen,
ohne dass es dabei zu einer Änderung der normalen Permeabilität käme.
Gravierender noch sind Artefakte, die bei der Präparation des Gehirns
und seiner histologischen Bearbeitung auftreten können: erfolgt die Fixierung
bzw. das Einfrieren des Gewebes nicht sachgemäß, so kann die zu untersuchende
Substanz während dieses Prozesses die BHS durchdringen; bei Lagerung des
präparierten Gehirnes kann es zur Diffusion dieser Substanzen aus Hirnbereichen
kommen, die nicht durch eine BHS geschützt sind; es können schließlich
Verschmierungen der Indikatorsubstanzen beim Präparieren und insbesondere
bei der Anfertigung histologischer Schnitte auftreten.
Da die BHS unzweifelhaft bei deutlicher Erwärmung für große Moleküle durchlässig
wird, ist bei den Experimenten ferner eine genaue Dosimetrie erforderlich.
Eine Fehleinschätzung des lokalen SAR-Wertes im Gehirn bei der Applikation
von HF-Feldern kann leicht zu einem solchen thermisch bedingten Effekt
führen.
In verschiedenen Arbeiten zeigten Salford et al. (92, 93, 94), sowie
Persson, Salford et al. (92) mit histochemischen Techniken, dass sowohl
gepulste, als auch kontinuierliche 915 MHz-Felder in der Lage sind, die
BHS vorübergehend für Plasma-Albumin zu öffnen. Leider fehlen in diesen
Arbeiten zuverlässige Angaben über Leistungsdichte und SAR-Werte. Trotzdem
wurden diese Ergebnisse viel beachtet und es gab verschiedene Versuche,
die Resultate zu verifizieren.
Fritze et al. (97) exponierten Ratten im Verlaufe von 4 Stunden mit diesen
Frequenzen, wobei verschiedene SAR-Werte von 0,3 bis 7,5 W/kg appliziert
wurden. Diese Autoren konnten nur bei der extremen Befeldung mit 7,5 W/kg,
die mit Sicherheit zu einer Erwärmung im Gehirn führte, signifikante Albumin-Übertritte
in das Gehirn feststellen. Selbst dieser Effekt war jedoch gering im Vergleich
zu den Effekten mit Positiv-Kontrollen, bei denen die Tiere einem Kälteschock
ausgesetzt wurden.
Zum gleichen Thema erschienen kürzlich zwei Publikationen von Finnie et
al. (01, 02). In der ersten Publikation berichtet diese australische Arbeitsgruppe
über Versuche mit einstündiger Befeldung von Mäusen bei SAR-Werten von
4 W/kg (898,4 MHz, 217 Hz gepulst). Im Gegensatz zu den Positiv-Kontrollen
nach Applikation von Clostridium-Toxin, konnte kein Unterschied zwischen
exponierten und nicht-exponierten Tieren gefunden werden.
In der zweiten Publikation ging man der Frage nach, ob nicht vielleicht
eine Langzeitexposition zu einem Durchtritt von Albumin in das Gehirn
führen könnte. Im Verlaufe von 104 Wochen wurden die Mäuse an 5 Tagen
pro Woche für je eine Stunde einem 900 MHz-Fernfeld ausgesetzt, wobei
SAR-Werte von 0,25 bis 4 W/ kg erreicht wurden. Im Extremfall konnte bei
diesen Langzeit-Experimenten geringfügige Albumin-Spuren im Gehirn gefunden
werden, die jedoch vernachlässigbar waren im Vergleich zu dem Effekten,
welche das Toxin erzeugte.
Auch Versuche zum Durchtritt anderer Substanzen durch die BHS unter dem
Einfluss von Hochfrequenz-Feldern mit Intensitäten unterhalb der Grenzwerte
zeigten keine Resultate (Lange et al. 91, Lin et al. 98, Masuda et al.
01, 02). Erwähnt sei noch eine japanische Arbeit von Tsurita et al. (2000).
Hier wurden Ratten mit Feldern des japanischen TDMA-Standards für 2 Stunden
pro Tag über 2 bis 4 Wochen bestrahlt (1439 MHz, SAR des Kopfes: 2 W/
kg, Ganzkörper SAR 0,25 W/kg). In diesen sehr sorgfältig durchgeführten
Versuchen konnten weder die Aufnahme des Vitalfarbstoffes Evans-Blau noch
morphologische Änderungen im Cerebellum oder der Purkinje-Zellen nachgewiesen
werden. Auch hier gab es andererseits deutliche Effekte bei den Positiv-Kontrollen,
in denen der Kopf kurzzeitig erhitzt bzw. unterkühlt wurde. In Auseinandersetzung
mit den Arbeiten der Salford-Gruppe kritisieren Tsurita et al. in dieser
Publikation deren mangelhafte Befeldungstechnik und Dosimetrie.
Fasst man die bisherigen Befunde zum derzeitigen Stand der Forschung
auf diesem Gebiet zusammen, so kommt man zu dem Schluss, dass kein Einfluss
schwacher Felder des Mobilfunks auf die BHS verifiziert werden konnte.
Nur bei Flussdichten, die zu einer deutlichen Erwärmung des Gehirns führen,
wird die BHS vorübergehend für Proteine und andere große Moleküle durchlässig.
Kürzlich tauchte nun nach 10 jähriger Pause ein Bericht der Arbeitsgruppe
um Leif G. Salford über neuere Untersuchungen zur Einwirkung von Feldern
des Mobilfunks auf das Gehirn von Ratten auf.
Im Gegensatz zu den ersten Experimenten, die in einer wissenschaftlichen
Zeitschrift mit Referee-System erschienen waren, wurde die vorliegende
Arbeit in der Hauszeitschrift des National Institute of Environmental
Health Sciences abgedruckt (Salford et al. 2003).
Es geht dabei um ein Experiment mit 32 Ratten beiderlei Geschlechts, eingeteilt
in 4 Gruppen zu je 8 Tieren. Die Tiere von drei dieser Gruppen wurden
einzeln und einmalig je zwei Stunden in einer TEMZelle mit Leistungsflussdichten
von 0,24; 2,4 und 24 W/m 2 befeldet. Die Ratten der vierten Gruppe dienten
als Kontrolle. Berechnungen ergaben Ganzkörper-SAR-Werte von 2; 20 und
200 mW/kg. Anschließend wurden die Tiere im Verlaufe von 50 Tagen beobachtet,
schließlich nach Betäubung getötet und das Gehirn durch Formol-Perfusion
fixiert.
Histologische Untersuchungen zeigten bei den befeldeten Tieren Albumin-positive
Anfärbungen in der Nähe kleiner Blutkapillaren und eine Weiterverbreitung
des Albumins zwischen den naheliegenden Zellen und Neuronen. Außerdem
konnten bei den befeldeten Tieren durch Kresyl-Violett-Färbung verstreut
dunkle, offenbar geschrumpfte und degenerierte Zellen nachgewiesen werden.
Die Auswertung der histologischen Tests erfolgte blind nach einem halb-quantitativen
Wertungssystem in drei Stufen: 0= keine oder wenige dunkle Neurone, 1=
moderates Auftreten, 2= häufiges Auftreten solcher. Trägt man diese Zahlen
gegen die Expositions-Intensität auf, so ist trotz starker Streuung eine
Korrelation erkennbar. Die Autoren geben eine Signifikanz des Effektes
von p<0,002 an. >
Die Autoren schließen aus diesen Experimenten, dass durch einen nicht-thermischen
Effekt (die Versuchsanlage befand sich in einem thermostatierten Raum)
infolge der HF-Einstrahlung eine Erhöhung der Permeabilität der Blut-Hirn-Schranke
auftritt. Wie bereits in der früheren Arbeit vermerkt, würde dadurch Albumin
aus dem Blut in das Gehirn eindringen und zur Degeneration von Nervenzellen
führen.
Da es sich bei den Versuchstieren um junge Ratten im Alter von 12 bis
26 Wochen handelte, halten die Autoren diese Resultate für besonders relevant
für die Frage, ob Teenager durch den Gebrauch von Handys besonders gefährdet
sind. Es wird zwar eingeräumt, dass die hier beobachteten Effekte prinzipiell
reparabel und daher nicht unmittelbar gesundheitsschädlich seien, sich
jedoch auf Dauer akkumulieren bzw. Schäden in Zusammenhang mit anderen
Negativ-Einflüssen erzeugen könnten. Dass bei der geringen Eindringtiefe
dieser Felder zwar das gesamte Gehirn der Ratte, beim Menschen jedoch
nur eine Oberflächenschicht davon beeinflusst wird, erwähnen die Autoren
nicht.
Solche Befunde sind natürlich geeignet, Beunruhigung auszulösen; ein Grund
vielleicht für die Autoren, diese Resultate sofort der Öffentlichkeit
vorzulegen, anstatt sie einer internationalen Zeitschrift mit Referee-System,
etwa der ,,Bioelectromagnetics" zur Publikation einzureichen.
Andererseits ist diese Vorgehensweise zu bedauern, denn die Arbeit enthält
eine ganze Reihe von Unkorrektheiten und Verstößen gegen die Regeln, auf
die sich die internationale Gemeinschaft der Wissenschaftler zur Qualitäts-Sicherung
solcher Versuche inzwischen geeinigt hat, und die auch von der WHO empfohlen
werden. Dies würde den Autoren mit Sicherheit von den Rezensenten einer
wissenschaftlichen Zeitschrift vorgehalten werden.
Worum handelt es sich dabei im Einzelnen?
Die Autoren räumen selbst ein, dass die Anzahl der Versuchstiere eigentlich
zu gering sei, um gesicherte Schlussfolgerungen zu ziehen. Dies trifft
natürlich um so mehr zu, als es sich um eine halb-quantitative Bewertung
der Effekte handelt, die nur durch eine absolut sichere Doppel-Blind-Auswertung
unter Einsatz mehrerer unabhängiger Beobachter und einer hohen Anzahl
von Präparaten zu sicheren Aussagen führen könnte. Das Auftreten degenerierter
Nervenzellen, nachweisbar durch eine Kresyl-Violett-Färbung, ist in verschiedenen
neurophysiologischen Arbeiten ohne Bezug auf die Problematik der Feldeinwirkung
beschrieben. Mechanismus und Ursache dieser Zell-Degeneration sind bisher
nicht genau bekannt. Zumeist handelt es sich um Phänomene der Differenzierung,
des Alterns oder auch Folgen verschiedener Erkrankungen und Stress-Faktoren.
Sie treten in verschiedenen Hirnbezirken mit verschiedener Intensität
auf. Auf diese neurobiologischen Aspekte gehen Salford et al. nicht näher
ein.
Die vorher erwähnten Regeln empfehlen für Untersuchungen zur Wirkung
von elektromagnetischen Feldern die Einbeziehung so genannter ,,Positiv-Kontrollen".
Wie bereits vermerkt, wurde dies von anderen Arbeitsgruppen auch beachtet.
Man nutzte beispielsweise die Störung der BHS durch Temperaturschock-Behandlung
(Fritze et al. 97, Tsurita et al. 00) oder durch bestimmte Toxine (Finnie
et al. 01, 02). Erst durch den Einsatz solcher Positiv-Kontrollen ist
es möglich, die Empfindlichkeit des eingesetzten Tests und die Aussagekraft
des gefundenen Effekts zu bewerten. Nur durch einen solchen Vergleich
lässt sich entscheiden, ob die beobachteten Veränderungen tatsächlich
relevant sind, oder ob es sich lediglich um eine zufällige Streuung handelt.
In keiner der Arbeiten von Salford et al., auch nicht in der letzten Studie,
wurden solche Positiv-Kontrollen durchgeführt.
Man fragt sich auch, warum die Tiere erst 50 Tage nach der Exposition
untersucht wurden. Wollte man Spätschäden ermitteln? Es ist aber bekannt,
dass geringe Veränderungen der Permeabilität der BHS, wie sie beispielsweise
bei einer fiebrigen Grippe auftreten, reversibel sind und die Folgen schnell
repariert werden.
Verschiedene Autoren haben nachgewiesen, dass Effekte, ausgelöst durch
HF-Felder sehr hoher Intensität, die zu einer deutlichen Erhöhung der
Temperatur im Gehirn führen, bereits nach Stunden nicht mehr nachweisbar
sind. Sollte das Serum-Albumin selbst 50 Tage nach der Exposition noch
nicht resorbiert worden sein? Andererseits sind die Tiere in den 50 Tagen
nach der Exposition vielen anderen Einflüssen unterworfen, die sich auch
durch eine tägliche Kontrolle nicht ausschließen lassen.
Trotz vieler Kritik der vorausgegangenen Experimente, sind auch in diesem
Bericht die Expositionsbedingungen der Tiere nur sehr unzureichend kontrolliert.
Die Regel schreibt eine Messung der tatsächlichen Energie-Absorption in
den befeldeten Objekten oder in geeigneten Modellobjekten vor. Hier wurde
der SAR-Wert jedoch theoretisch ermittelt ohne experimentelle Kontrolle.
Dies kann zu groben Fehleinschätzungen führen, wird doch das Feld in dem
engen Raum durch den Körper des Tieres erheblich gestört. Auch ist die
während der Exposition möglicherweise erfolgte Erwärmung der Tiere in
dem engen, zwar mit Lüftungslöchern versehenen Käfig nicht gemessen worden.
Es ist nicht auszuschließen, dass die Tiere durch die Befeldung ,,in's
Schwitzen" gekommen sind. Dies würde bereits die Auslösung des gemessenen
geringen Effektes erklären.
Es ist kaum vorstellbar, dass die oben genannten Empfehlungen und Kriterien
der Bioelectromagnetic Society (BEMS) und der WHO zur Durchführung zuverlässiger
Experimente den Experimentatoren nicht bekannt waren.
Es gibt aber noch einen allgemeineren Codex wissenschaftlicher Arbeit,
der hier unbeachtet blieb: Dieser schreibt vor, die eigenen Resultate
im Lichte des aktuellen Forschungsstandes zu diskutieren. Dies wäre in
diesem Falle von besonderer Bedeutung. Wir haben oben gesehen, dass nicht
nur vor den ersten Experimenten der Salford-Gruppe Negativ-Befunde vorlagen,
dass es vielmehr, angeregt durch die ersten Salford-Arbeiten, eine Reihe
missglückter Versuche gab, diese Ergebnisse zu verifizieren. Auch wurden
in diesen Publikationen die Schwachstellen der früheren Salford-Publikationen
aufgedeckt und diskutiert. Es würde einer wissenschaftlichen Ehrlichkeit
entsprechen, diese Arbeiten zu zitieren und wenigstens zu erklären, warum
nur in Lund und nicht anderswo Einflüsse schwacher Felder auf die Blut-HirnSchranke
messbar sind. Tatsächlich werden in diesem Bericht aber nur Publikationen
zitiert, die den Autoren genehm sind, auch wenn sie zum Teil mit der eigentlichen
Sache gar nichts zu tun haben. So wird dem unbefangenen Leser dieser Publikation
der Eindruck suggeriert, die Ergebnisse der Salford-Gruppe befände sich
in völliger Übereinstimmung mit der internationalen Forschung.
Wie ernst die Welt die Salford Ergebnisse von 1993 nahm, wurde übrigens
auch auf dem internationalen BEMS-Kongress im Jahre 2001 in St. Paul (Minnesota)
deutlich. Dort war eine spezielle Sektion dem Problemkreis Blut-Hirn-Schranke
gewidmet. J. Merrit, P. Mason, J. Lin, H. Nagawa, H. Masuda zeigten in
Vorträgen und Postern, dass es ihnen nicht gelungen sei, die Salford-Ergebnisse
zu verifizieren oder andere Effekte zu finden. Man war auf den Vortrag
gespannt, den die Gruppe aus Lund angemeldet hatte (B. Persson, A. Brun,
L.G. Salford). Leider erwies sich aber, dass keiner der Autoren angereist
war. Der Vortrag wurde schließlich von einem unbeteiligten Kollegen verlesen.
Er enthielt jedoch nur die aus den vorausgegangenen Publikationen bereits
bekannten Ergebnisse. Leider konnte der Referent in der Diskussion keine
Frage beantworten, da er, wie er sagte, an den Experimenten nicht beteiligt
war. Es wurde vorgeschlagen, die Ergebnisse der schwedischen Gruppe unter
Vermeidung der methodischen Fehler in einer umfangreichen Untersuchung
unter Einbeziehung der schwedischen Autoren zu wiederholen. Davon wird
leider in der vorliegenden Publikation nichts erwähnt.
Es ist bedauerlich, dass immer wieder unter Umgehung der freiwilligen
Qualitätskontrolle der Wissenschaft, wie es das Peer-Review-System darstellt,
Befunde der Öffentlichkeit übergeben werden, die einer sachlichen Kritik
letztlich nicht stand halten. Dies nutzt nicht dem dringend notwendigen
Erkenntnisgewinn auf diesem Gebiet, sondern höchstens dem Anheizen von
Emotionen.
Prof. Dr. Roland Glaser war Leiter des Instituts für Biophysik an
der Humboldt-Universität Berlin.
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