Mehr als ein Viertel aller Todesfälle in Deutschland sind derzeit den verschiedenen Krebsarten zuzuschreiben, sodaß die Erforschung dieser Krankheit(en) entsprechend intensiv betrieben wird. Dennoch ist bisher ein grundlegendes Verständnis des Entstehens und der Entwicklung von Krebserkrankungen in der Wissenschaft noch nicht vorhanden.
Fest steht lediglich, daß es sich um einen mehrstufigen Prozess handelt, der seinen Ursprung in der Veränderung oder Schädigung der genetischen Information in der Zelle hat. In der Folge wandeln sich normale Körperzellen in maligne (bösartige) Zellen um, was ein über mehrere Jahre andauernder Vorgang sein kann.
Während ionisierende Strahlung eindeutig als krebserregend erkannt ist, ist der Einfluss von hochfrequenten Funkwellen noch umstritten. Etwas klarer scheinen die Verhältnisse bei niederfrequenten Magnetfeldern, bei denen ein schwacher Zuammenhang besonders zu Leukämie von Kindern gefunden wurde.
Bei aktuellen Studien werden alle Aspekte der Krebsentwicklung untersucht, z. B. an zellulären Systemen die Möglichkeit der Genschädigung (siehe z. B. das REFLEX-Projekt) bzw. Zelltransformation oder man verfolgt die Krebsentwicklung bei genetisch manipulierten oder mit krebserregenden Stoffen vorgeschädigten Tieren. Diese werden dabei einem Einfluss ausgesetzt, der bekanntermaßen einen Krebs auslösen (Initiator) und/oder dessen Wachstum fördern kann (Promoter). Es wird dann untersucht, ob durch zusätzliche Expositionen mit einem elektromagnetischen Feld ein Einfluss auf das Krebswachstum gefunden werden kann.
Eine andere Möglichkeit sind epidemiologische Studien, wo z. B. die Krebshäufigkeit zwischen Mobilfunknutzern und darauf verzichtenden verglichen wird.
All diese Methoden haben spezifische Vor- und Nachteile und durch die Komplexität der Modelle sind scheinbar widersprüchliche Forschungsergebnisse leider keine Ausnahme.Zusammenfassend lässt sich bisher noch kein konkreter Einfluss von hochfrequenten elektromagnetischen Feldern auf das Krebsgeschehen beim Menschen nachweisen. Einigen wenigen Untersuchungen, bei denen bei vergleichsweise wenigen Fallzahlen statistisch schwache Einflüsse gefunden wurden, oder Ergebnissen von schlecht auf den Menschen übertragbaren Tierversuchen stehen viele Untersuchungen entgegen, welche keinen Einfluss gefunden haben.
Am 31.5.2011 hat die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) der Weltgesundheitsorganisation hochfrequente elektromagnetische Felder (HF-EMF) hinsichtlich ihres krebserregenden Potentials in Gruppe 2B (Möglicherweise krebserregend für den Menschen) ihrer Klassifizierungsskala eingestuft. Dies ist die mittlere von 5 Klassifizierungsstufen, in die im Jahr 2001 bereits niederfrequente elektromagnetische Felder (NF-EMF) eingestuft wurden und bezieht sich auf die Nutzung von Mobiltelefonen.
Die Einstufung hochfrequenter elektromagnetischer Felder hinsichtlich ihres krebserregenden Potentials durch die IARC
Zusammenfassungen
Mobile phones and cancer. Part 1: Epidemiology of tumours in the head
Eine Zusammenfassung des Niederländischen Gesundheitsrats aus dem Jahr 2013Vergleichende Bewertung der Evidenz von Krebsrisiken durch elektromagnetische Felder und Strahlungen
Eine Stellungnahme der Strahlenschutzkommission vom April 2011Epidemiologische Arbeiten im Mobilfunk-Bereich
Das EMF-Portal der RWTH-Aachen bietet unter diesem Link eine thematisch zusammengefasste Liste von Studien an, darunter auch solche zu Krebs.Gutachten "Epidemiologie Krebs" von Prof. Dr. Maria Blettner, Dr. Karl-Heinz Jöckel und Prof. Dr. Andreas Stang (Mai 2005)
Eine bewertende Zusammenstellung relevanter Studien aus den Jahren 2000 - 2005 (287kB).
Krebs durch Mobiltelefonnutzung
- CEFALO-Studie: Kein erhöhtes Hirntumorrisiko bei Kindern und Jugendlichen durch Handynutzung
Das Risiko, an einem Hirntumor zu erkranken, ist gemäß dieser 2011 veröffentlichten Studie nicht erhöht, wenn Kinder und Jugendliche mit dem Handy telefonieren. Allerdings verbleiben laut den Studienautoren noch Unsicherheiten.
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- Die Interphone-Studie
Diese von der WHO koordinierte und von der EU geförderte Studie in 13 Ländern sollte klären, ob die regelmäßige Nutzung von Handys das Risiko erhöht, an einem Hirntumor zu erkranken.
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- Johansen et al. (2001, 2006, 2011) Cellular telephones and Cancer a Nationwide Cohort Study in Denmark
Dies ist eine der weltweit größten epidemiologischen Studien mit der vergleichenden Untersuchung Mobilfunknutzern in Dänemark und hat keine erhöhte Zahl von Krebsfällen ergeben.
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- Hardell et. al., Fallkontrollstudien 1999 -2006 und darauffolgende Auswertungen
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Krebs bei Anwohnern von Sendeanlagen
- Sterblichkeit durch Tumorbildung und Mobilfunkmasten im Stadtgebiet von Belo Horizonte, Brailien (2011)
Die Ergebnisse dieser "Studie" stoßen auf großes Interesse bei jedem Mobilfunkkritiker, der noch nicht deren gravierenden Schwächen verstanden hat.
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- Krebsinzidenz von Anwohnern im Umkreis einer Mobilfunksendeanlage in Westfalen
Diese als Pilotstudie bezeichnete Untersuchung veröffentlichte der bereits von der "Naila-Studie" (s. u.) bekannte Mediziner Dr. H. Eger im Frühjahr 2009, eine Stellungnahme des Bundesamts für Strahlenschutz bescheinigte ihr indes aufgrund zahlreicher Mängel eine wissenschaftliche Wertlosigkeit.
Zur Stellungnahme des BfS mit einer Zusammenfassung und Bewertung
- Krebsinzidenz im Umkreis von Mobilfunkbasisstationen ist nicht erhöht
Auf der gemeinsamen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds) und der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie (dae) vom 12. - 15. September 2005 in Freiburg wurde eine Analyse des Krebsregisters Bayern vorgestellt, in welcher aufgrund der Untersuchungen in 48 Gemeinden die Ergebnisse der sog. Naila-Studie nicht bestätigt werden können: Weder bei der Inzidenz aller bösartigen Neubildungen noch bei der Inzidenz von strahlenempfindlichen Tumoren (Schilddrüse bzw. Gehirn/Nervensystem) wurde ein Zusammenhang mit der Senderdichte in den Gemeinden erkennbar.
Meeting Abstract: Krebsinzidenz im Umkreis von Mobilfunkbasisstationen und die dazugehörige Präsentation (pdf, 300 kB)
- Wolf et al (2004) ziehen aus der Auswertung von 8 Krebsfällen den Schluss, dass die Krebshäufigkeit in der Umgebung einer betrachteten Mobilfunkanlage das 4,15-fache des statistischen Durchschnitts betragen würde.
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- Eger et al. (2004), die "Naila-Studie"
Im oberfränkischen Naila haben vier Ärzte Auswertungen von Krankheitsfällen im Umkreis einer seit 1993 vorhandenen Mobilfunkantenne gemacht und diese als Pilotstudie vorgestellt. Dabei berichten sie von einer gegenüber den Aussenbezirken von Naila signifikant gestiegenen Krebshäufigkeit.
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Studien am Tier
- Beeinflussung der spontanen Leukämierate bei AKR/J-Mäusen durch nieder- und hochfrequente elektromagnetische Felder
Das Fazit dieses Projektes im Rahmen des Deutschen Mobilfunk-Forschungsprogramms lautet:
"Insgesamt konnten keine schädigenden Einflüsse der niederfrequenten elektromagnetischen Felder oder der hochfrequenten Felder nach GSM-Standard nachgewiesen werden. Die Hypothese, dass die chronische Exposition gegenüber niederfrequenten oder hochfrequenten elektromagnetischen Feldern die Entwicklung von Krebserkrankungen des blutbildenden Systems fördert (z.B. Repacholi et al. 1997) wird von den Ergebnissen der vorliegenden Studie nicht gestützt."
- in vivo-Experimente unter Exposition mit hochfrequenten elektromagnetischen Feldern der Mobilfunkkommunikation, B. Kanzerogenese
Auch dieses Projektes war Bestandteil des Deutschen Mobilfunk-Forschungsprogramms, das Fazit war:
Die Studie liefert wichtige Informationen für die Bewertung der vergleichsweise neuen Signalcharakteristik UMTS, zu der bisher nur wenige Untersuchungen vorliegen. Insgesamt wurden keine Unterschiede zwischen den Versuchsgruppen festgestellt, die auf einen schädigenden Einfluss der chronischen Exposition mit UMTS (SAR 0.4 W/kg, d.h. Faktor 5 oberhalb des Ganzkörpergrenzwertes von 0.08 W/kg) hindeuten würden. Die Hypothese, dass die chronische Exposition gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern die Entwicklung von Krebserkrankungen des blutbildenden Systems in genetisch prädisponierten Mäusen fördert (Repacholi et al., 1997) wird durch die vorliegende Studie nicht gestützt.
- Abschlussbericht des Forschungsprojekts PERFORM-A
Im Jahr 2000 startete das EU-Forschungsprojekt PERFORM-A, um zu klären, ob hochfrequente elektromagnetische Felder, wie sie bei der Nutzung von Mobiltelefonen entstehen, in den Tierspezies Ratte und Maus kanzerogen bzw. kokanzerogen wirken. Das Forschungsprojekt war in vier Teilprojekte gegliedert, von denen drei keine Belege dafür erbrachten, dass Mobilfunkstrahlung kanzerogen und kokanzerogen ist. Lediglich in einem Teilprojekt, bei dem Tiere mit induzierten Mammatumoren untersucht wurden, wurden marginale Effekte beobachtet.
An PERFORM-A waren das Fraunhofer ITEM in Hannover, das RCC in der Schweiz, das ARC in Österreich und das LCG-RBM in Italien beteiligt. Zwei der Projekte kombinierten chronische Toxizitätsstudien und Kanzerogenitätsstudien, wobei Ratten und Mäuse elektrischen Feldern mit Frequenzen von 900 oder 1 800 MHz ausgesetzt wurden. Im dritten und vierten Teilprojekt wurden die Wirkungen der gleichen Strahlung untersucht, nämlich bei transgenen Tieren, die häufiger Lymphome entwickelten, bzw. bei Tieren mit chemisch induzierten Mammatumoren (pdf, 92 KB)
- Gutachten "Tierexperimentelle Studien - Krebs" von Prof. Dr. Clemens Dasenbrock und Prof. Dr. Aexander Lerchl (Mai 2005)
Eine bewertende Zusammenstellung relevanter Studien aus den Jahr 2000 - 2005 ( 178 kB).
Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg (dkfz)
Hier gibt es eine Arbeitsgruppe Umweltepidemiologie, welche es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Bedeutung verschiedener Umweltfaktoren, wie z. B. elektromagnetischer Felder bei der Entstehung unterschiedlicher Krebserkrankungen zu untersuchen. Auf ihren Seiten findet man auch den Krebsatlas für DeutschlandInternational Agency for Research on Cancer (IARC)
Dieses internationale Krebsforschungsinstitut ist Teil der WHO und bietet u. a. Zugang zu verschiedenen Krebsstatistiken
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